Bewertungsanlässe

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Kauf und Verkauf von bebauten und unbebauten Grundstücken oder Wohn- und Teileigentum.

Einer der häufigsten Wertermittlungsanlässe ist der Verkauf von Grundstücken. Natürlich können Grundstücke auch ohne Wertgutachten verkauft werden, die Vorlage eines Wertgutachtens hat aber einige nicht zu unterschätzende Vorteile, von denen nachfolgend einige genannt werden.

  • Wenn das Verkaufsangebot annähernd dem ermittelten Wert (meist Verkehrswert) entspricht, ist der Zeitraum bis zum Verkauf wesentlich kürzer, als bei überhöhtem Verkaufspreisangebot. (Dieser Fall tritt in der Praxis sehr häufig auf.)
  • Ist das Kaufpreisangebot aber niedriger als der Verkehrswert, realisiert der Grundstückseigentümer unnötigerweise Verluste.
  • Die Bank des Käufers ist leichter von der Werthaltigkeit des Grundstücks als Kreditsicherheit überzeugt. Somit kann schneller der Kaufvertrag abgeschlossen werden.
  • Das Risiko des Vorwurfs, einen Mangel arglistig verschwiegen zu haben, verringert sich erheblich.
  • Ein Wertgutachten zeigt die Auswirkungen von Rechten und Belastungen auf den Grundstückswert.

Ermitteln von Belastungen (z.B. Baulast, Überbau)

Grundstücke sind in der Praxis häufig belastet, aber auch begünstigt. Bei der Verkehrswertermittlung nach §194 BauGB sind diese Zustandsmerkmale unbedingt zu berücksichtigen, da sie sich unter Umständen erheblich auf den Verkehrswert des Grundstücks auswirken.

Ermitteln des Wertes von Rechten (z.B. Wohnrecht, Leitungsrecht)

Obwohl der Verkehrswert (Marktwert) in Deutschland im § 194 BauGB definiert und in der ImmoWertV sowie der SachwertRL, ErtragswertRL und VergleichswertRL weiter ausgeführt ist, gibt es in besonderen Situationen oder Fällen weitere gesetzliche Regeln, die im Rahmen von Wertermittlungen beachtet werden müssen.

Besonders bedeutsam dabei sind die Bereiche Enteignung, Zwangsversteigerung, besonderes Städtebaurecht und Scheidung.

Wertermittlung nach besonderen Regeln:

Zwangsversteigerung

Die Zwangsversteigerung ist die verfahrensrechtliche Möglichkeit einen materiellen Anspruch mit staatlichen Mitteln (das Zwangsmonopol liegt beim Staat) durchzusetzen. Zwangsversteigerungsverfahren haben i.d.R. das Ziel, begründete Geldforderungen von Gläubigern oder andere materielle Ansprüche des Antragstellers zu befriedigen.

Zwangsversteigerungsverfahren können aber auch mit anderen Zielen stattfinden. Häufig wird die Zwangsversteigerung mit dem Ziel betrieben, eine Eigentümergemeinschaft, wie sie z.B. eine Erbengemeinschaft darstellt, aufzuheben. Es wird also der Auseinandersetzungsanspruch eines Grundstücksmiteigentümers realisiert.

Die Zwangsversteigerung von Immobilien ist im ZVG geregelt.

Erbbaurecht

Erbbaurechte sind grundstücksgleiche Rechte. Sie beinhalten das Recht, auf oder unter der Erdoberfläche eines fremden Grundstücks ein Gebäude zu errichten oder zu haben. Wesentlich für die Wertermittlung sind die Ausgestaltung des Erbbaurechtsvertrages, der gezahlte Erbbauzins, Anpassungsklauseln und vertraglich geregelte Zustimmungsvorbehalte.

In der Verkehrswertermittlung wird je nach Auftraggeber (Erbbaurechtsnehmer oder Erbbaurechtsgeber) entweder der Wert des Erbbaurechts oder der Wert des durch ein Erbbaurecht belasteten Grundstücks ermittelt. Weitere Wertermittlungsaufgaben sind aber auch die Ermittlung oder Überprüfung von Erbbauzinsen und das Feststellen von Anpassungsmöglichkeiten des Erbbauzinses.

Besonderes Städtebaurecht

Im 2. Kapitel des BauGB sind Regelungen zum Besonderen Städtebaurecht enthalten. Aus Sicht der Wertermittlung sind insbesondere die Städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen und die Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen von Interesse, da hier umfangreiche Wertermittlungsaufgaben bestehen.

Im Rahmen der Städtebaulichen Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahmen müssen insbesondere Verkehrswertermittlungen bebauter und unbebauter Grundstücke zu Erwerbs- oder Veräußerungszwecken einerseits und die Ableitung sanierungs- oder entwicklungsbedingter Bodenwertsteigerungen andererseits ermittelt werden. Dabei sind die besonderen Vorschriften des BauGB zu berücksichtigen

Baulandumlegung

Die (Bauland-)Umlegung ist ein mit Grenzverbesserungen verbundener Grundflächentausch zur erstmaligen Erschließung oder Neugestaltung von Baugebieten. Ziel ist die Schaffung von Grundstücken, die von der Lage, Form und Größe für eine bauliche oder sonstige Nutzung geeignet sind. Die Gemeinde schöpft umlegungsbedingte Wertvorteile ab.

Zur Verhinderung von langwierigen Rechtsverfahren ist eine korrekte Wertermittlung über die Werte der Einwurfs- und Zuteilungsgrundstücke dringend geboten. Dabei müssen die Besonderheiten der Baulandumlegung fachgerecht berücksichtigt werden.

Grenzregelung

Da bei Grenzregelungen Wertänderungen der Grundstücke von den Eigentümern in Geld auszugleichen sind, stellen Wertschätzungen oft eine wichtige Entscheidungsgrundlage dar. Dabei ist zu beachten, dass eine Wertänderung für das gesamte betroffene Grundstück und nicht nur für den ausgetauschten Grundstücksteil ausgeglichen werden muss.

Enteignung

Die Enteignung stellt als unmittelbarer Eingriff der öffentlichen Gewalt in vermögenswerte Rechte Einzelner zum Wohle der Allgemeinheit ein Hilfsmittel zur Bewältigung vom Gemeinwohl geforderter Aufgaben dar. Sie ist nur zulässig, wenn Art und Umfang der Entschädigung gesetzlich geregelt sind. Enteignung von Grundstücken erfolgen häufig im Zusammenhang mit dem Bau von Verkehrswegen oder Einrichtungen des Gemeinbedarfs.

Die Wertermittlung befasst sich vorrangig mit der quantitativen Ermittlung der Entschädigung. Dabei müssen die durch die Enteignung erlittenen Nachteile genauso berücksichtigt werden, wie die in einem angemessenen Zusammenhang mit der Enteignung stehenden Vorteile.

Eine Wertermittlung kann die Betroffenen auf dem Weg zur Durchsetzung Ihrer Interessen unterstützen, für den Fall, dass die Entschädigungsforderungen zu hoch oder das Entschädigungsangebot zu gering sind.

Ehescheidung

Jedes Jahr werden in Deutschland über 100.000 Ehen geschieden. Die Ansammlung von teils erheblichen Werten des Grundvermögens in einer Ehegemeinschaft kann dann zu Auseinandersetzungen insbesondere im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft führen.

Wesentliche Daten in Wertermittlungen zur Scheidungsproblematik sind das Anfangs- und das Endvermögen, da ein Ausgleich nur für das innerhalb der Ehe erworbene Vermögen erfolgt (Zugewinnausgleich). In der Wertermittlung muss dabei unbedingt der Kaufkraftschwund sowie eventuelle Investitionen aus Alleinvermögen in die Immobilie berücksichtigt werden.

Erbschaft und Schenkung

Die Wertermittlung bei Erbschaft oder Schenkung umfasst die Bewertung des Grundbesitzes für die Erbschafts- und Schenkungssteuer. Hierbei legt das Finanzamt den Verkehrswert zugrunde. In der Regel wird die Immobilie durch das Finanzamt nicht vor Ort in Augenschein genommen. Die Wertermittlung durch das Finanzamt erfolgt hierbei auf Grundlage von Durchschnittswerten. Die Erstellung eines Verkehrswertgutachtens durch einen Sachverständigen kann in Abhängigkeit von Steuerklasse und Wert des Grundbesitzes hier erhebliche Vorteile bringen, da durch den Sachverständigen auch besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale wie Baumängel, -schäden, eine wirtschaftliche Überalterung, fehlende Wärmedämmung oder ein hoher Modernisierungsbedarf explizit berücksichtigt werden.